Film und Gespräch: Heller Weg
19:00 Uhr, Kulturwerkstatt Westend
Mit Regisseurin Iryna Riabenka, moderiert von Oksana Chorna
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Natalia Fedorenko (Bremen)
Coming of Age in the Urals in the Early 1960s: Ideals and Perspektives of the Middle Class. The Story of Anna Tarshis
Wissenswertes
Wladimir Rafailowitsch Maramsin
(05.08.1934 in Leningrad – 24.04.2021 in Paris)
© Maria Klassen
Wladimir Maramsin kam in Leningrad in dem unruhigen Jahr 1934 zur Welt, in dem der Erste Parteisekretär der Stadt Sergej Kirow ermordet wurde und die erste Welle der Stalin‘schen Massenverhaftungen begann. Im Zweiten Weltkrieg ging Maramsins Vater, ein Fabrikarbeiter, 1941 an die Front, wo er schon nach einem halben Jahr fiel. Maramsins Mutter, Lehrerin, überlebte die Leningrader Blockade, aber ihren Sohn schickte sie aufs Land zu der Großmutter. Nach dem Krieg kehrte Maramsin nach Leningrad zurück, beendete die Schule, beendete 1957 sein Studium an der Elektrotechnischen Hochschule und arbeitete bis 1965 als Ingenieur in einem Betrieb.
Doch bereits 1958 begann er zu schreiben und konnte 1962 seine ersten Publikationen vorweisen. Sein 1963 veröffentlichtes Theaterstück erlebte nur die Uraufführung und wurde sogleich abgesetzt: zu liberal, zu offen und nicht konform. Mit seinen gleichgesinnten Schriftstellernfreunden Boris Wachtin, Igor Jefimow und Wladimir Gubin gründete Maramsin die Literaturgruppe „Goroschane“ (Die Städter), die unter anderem verbotene Autoren im Samisdat verlegte und verbreitete. Auf gleiche Weise verlegte im Samizdat Maramzin gemeinsam mit den Literaturwissenschaftlern Jefim Etkind und Michail Chejfis in den Jahren 1971-1974 die fünfbändige Werkausgabe von dem 1972 ins Exil gezwungenen Josif Brodski. Dafür kam Maramsin in Untersuchungshaft; nach dem Gerichtsprozess 1975 wurde er vor die Wahl gestellt: fünf Jahre Gefängnis oder Ausreise.
1975 ließ sich Maramsin in Paris nieder, wo er aktiv als Autor, Herausgeber und Publizist in diversen Redaktionen der russischen Emigrantenpresse mitwirkte. 1978 gründete er zusammen mit Aleksej Chwostenko die Literaturzeitschrift „Echo“, die bis 1986 vierzehn in der Szene begehrte Ausgaben hervorbrachte. Als Schriftsteller, der sich Zeit seines Lebens als politischen Emigranten betrachtete, hinterließ Maramsin mehrere Bände mit Erzählungen sowie gesellschaftskritischen Romanen (in viele Sprachen übersetzt); sein letztes als Trilogie geplantes Werk „Das Land Emigration“ blieb unvollendet.
Ein wacher Geist, ein scharfsinniger und mutiger Autor, ein humorvoller Mensch ist von uns gegangen, dessen wir dankbar gedenken.
Im Jahre 1997 gründete Wladimir Maramsin in der FSO seinen Archivbestand, den er in regelmäßigen Zeitabständen mit wertvollen Dokumenten seines Schaffens vervollständigte.
MK
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