CfA: „Challenges of Data Collection, Re-use, and Analysis: Public Opinion, Political Debates, and Protests in the Context of the Russo-Ukrainian War"
The Research Centre for East European Studies (FSO), Bremen, 25-27.08.2025
Buchvorstellung/Gespräch
19:00 Uhr, Theater Bremen, Foyer Großes Haus
"White But Not Quite": Gibt es antiosteuropäischen Rassismus?
mit Autor Ivan Kalmar
Einführung: Klaas Anders, Moderation: Anke Hilbrenner
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Muriel Nägler
Einführung für Studierende
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Agata Zysiak (Vienna/Lodz)
The Socialist Citizenship. Social Rights and Class in Postwar Poland
Buchvorstellung und Gespräch
18:00 Uhr, Europapunkt
Ein Russland nach Putin?
mit Jens Siegert und Susanne Schattenberg
CfP: Coming to the Surface or Going Underground? Art Practices, Actors, and Lifestyles in the Soviet Union of the 1950s-1970s
The Research Centre for East European Studies (FSO), Bremen, November 13-14, 2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Hera Shokohi (Bonn)
Genozid und Totalitarismus. Die Sprache der Erinnerung an die Opfer des Stalinismus in der Ukraine und Kasachstan
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Sheila Fitzpatrick (Melbourne)
Lost Souls. Soviet Displaced Persons and the Birth of the Cold War
Wissenswertes
„Eine Frau mit einem großen, weichen Herzen“
Wir trauern um Wiltrud Wessel
01.04.1934 - 03.01.2024
Wiltrud Wessel, Juli 2022, Foto: Karina Garsztecka
„Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.“ Das Zitat aus J.W. Goethes Werk „Wilhelm Meister Wanderjahre“ wählte Wiltrud Wessel als Motto für ihre Erinnerungen, die sie mit dem Nachlass an das Archiv der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen im Sommer 2022 übergab. Auf etwa 360 Seiten des nicht fertiggestellten Manuskriptes beschreibt die geborene Münchnerin, Mutter von zwei Kindern, von Beruf Hauswirtschafterin, aktiv in der lokalen FDP, ihre 35 Jahre lang praktizierte „Völkerverständigung, seit Ende 1981 zwischen Bayern und Polen, Jahre die zu meinem Leben wurden“.
Wiltrud Wessel begann ihre karitative Hilfe für die polnische Bevölkerung kurz vor der Verhängung des Kriegsrechtes am 13. Dezember 1981. Warum gerade Polen? Sie hatte weder Verwandte noch Freunde, noch kannte sie irgendwelche Personen aus dem Land. Lediglich hörte sie in den Medien von großen Schwierigkeiten, dass den Menschen Lebensmittel, Medikamente und die lebensnotwendigsten Dinge fehlten. Zugleich erwachte die Erinnerung an Hunger und Not, die ihre Familie nach 1945 erfahren hatte, und an die US-amerikanischen CARE-Pakete. Sie beschloss, ihren „tiefsteckenden Wunsch, den Menschen zu helfen“, in die Tat umzusetzen. Vom Verein „Hilfe für Deutsche im Osten“ bekam sie die ersten Adressen; in der Kraillinger Schule organisierte sie die erste Sammelaktion.
Alleine im Jahr 1982 konnte sie über 600 Pakete senden, hunderte Familienpatenschaften vermitteln; dazu gründete sie den Verein Private Initiative „Hilfe für Polen“, der später durch „Brücke Bayern-Polen“ e.V. ersetzt wurde.
Ihre Spendenaufrufe, Briefe an verschiedene Kliniken, Amtsstellen und Unternehmen, darunter zahlreiche Firmen, die medizinische Geräte herstellen, tragen eine persönliche Note. Mit einem ungewöhnlichen Durchsetzungsvermögen überwand sie verwaltungstechnische, zwischenmenschliche, aber auch politische Widerstände.
Die menschlichen Begegnungen hatten jedoch für sie den höchsten Wert. Ohne Polnischkenntnisse, alleine, aber mit viel Mut unternahm sie die erste Reise im Dezember 1982 ins unbekannte Land nach Posen, wo sie eine ungeahnte Dankbarkeit erlebte. Spätestens seitdem motivierte sie auch die Aufarbeitung der Beziehung zu den Menschen, „an denen wir in der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte schuldig geworden sind“. Gleichzeitig knüpfte sie Kontakte, die sich zu langjährigen Freundschaften entwickelten, wie mit der Unternehmerin Urszula Bielanowska, die sie als Dolmetscherin begleitete, oder mit Marek Lenartowski, dem ersten Vorsitzenden der NSZZ Solidarność im Cegielski Eisenbahnenwerk. Im Laufe der Jahre folgten mehr als 100 Reisen und weit über 200 LKWs fuhren mit Hilfsgütern zu Kliniken und Waisenhäusern in 37 polnische Orte.
Mit besonderem Stolz kümmerte sich Wiltrud Wessel um behinderte Kinder. Sie betreute viele Heime, darunter den Aufbau der Stiftung „Bury Miś“ in der Region Kaschuben. Für Kinder aus einem Heim in Szarcz (Großpolen) organisierte sie eine traumhafte Reise nach Lignano an der Adria, damals direkt nach der Wende - für viele Polen ein unvorstellbarer Luxus. Dafür bekam sie 1990 den „Orden des Lächelns“, die höchste Auszeichnung, die von den polnischen Kindern zuerkannt wird.
Ihre Arbeit wurde mit weiteren Auszeichnungen geehrt, u.a. dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (2011), der Dankbarkeitsmedaille der Solidarność (2010), dem Bayerischen Verdienstorden (2006) und der Europa-Medaille (2001). Darüber hinaus hat die Stadt Posen Wiltrud Wessel für deutsch-polnische Projekte für herausragende Verdienste im Sinne der Völkerverständigung ausgezeichnet und Krasnystaw ihr die Ehrenbürgerschaft zuerkannt.
Wir verabschieden heute „eine Frau mit einem großen, weichen Herzen“, „eine Botschafterin für die Bedürftigen“.
K. Garsztecka
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