Film und Gespräch: Heller Weg
19:00 Uhr, Kulturwerkstatt Westend
Mit Regisseurin Iryna Riabenka, moderiert von Oksana Chorna
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Natalia Fedorenko (Bremen)
Coming of Age in the Urals in the Early 1960s: Ideals and Perspektives of the Middle Class. The Story of Anna Tarshis
Wissenswertes
Polnische Widerstände
Zu den aktuellen Protesten in Polen und ihren historischen Referenzen
Im Dezember 2015 tauchten im Straßenbild Warschaus plötzlich elektrische Widerstände auf (Abb. 1). Demonstranten trugen sie am Revers als Symbol ihres Protests gegen die umstrittene Gesetzesänderung der im Oktober gewählten, rechtskonservativen Regierung, die die Tätigkeit des Verfassungsgerichts und des öffentlich-rechtlichen Fernsehen einschränkt. In Zeiten der Mikroelektronik beinahe bedeutungslos geworden, sind diese kleinen Bauteile heute hoch aktuell.
Quelle: Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, Bremen, FSO-2-008
Mit dem Widerstand und zahlreichen anderen Ansteckern nutzen die Protestierenden von heute die Symbolsprache der antikommunistischen Opposition der 1980er Jahre. Auch das „Komitee zur Verteidigung der Demokratie“ (Komitet Obrony Demokracji), das diese Demonstrationen in Warschau und anderen Städten organisiert, verweist mit seinem Namen auf die Opposition im Staatssozialismus, konkret nämlich auf das „Komitee zur Verteidigung der Arbeiter“ (Komitet Obrony Robotników), die erste öffentliche Oppositionsgruppe in der Volksrepublik Polen. Schon zur Zeit der oppositionellen Gewerkschaft Solidarność (1980-1981) erfreuten sich Anstecker, Pins, und Buttons mit oppositioneller Botschaft besonderer Beliebtheit, die Archivale des Monats März sind. Nach der gewaltsamen Niederschlagung dieser Massenbewegung mit der Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 gewannen sie eine neue, dramatischere Bedeutung. Gerade Jugendliche, aber auch Erwachsene, stellten so ihre Unterstützung für die verfolgte Opposition öffentlich zur Schau und riskierten Schikanen, Bedrängung bis hin zu gewaltsamen Übergriffen durch die Polizei.
Nicht immer waren diese Symbole so subtil wie der Widerstand (opornik), der seine Aussagekraft im Polnischen wie im Deutschen durch seine doppelte Bedeutung gewann. Andere Beispiele zeigten die Protagonisten und Helden der Opposition, allen voran Lech Wałęsa oder Papst Johannes Paul II (Abb. 2), oder den bekannten Schriftzug der Solidarność, teils in Abwandlung und mit anderem Text wie hier „Ich bin ein freier Pole“ (Abb. 3). Wieder andere verwendeten Diffamierungen des Regimes und benutzten sie wie zum Beispiel den Begriff „antisozialistisches Element“ (Abb. 4) selbstbewusst zur identitätsstiftenden Selbstaussage.
Das Archiv der Forschungsstelle Osteuropa sammelt seit den 1980er Jahren neben Publikationen des Zweiten Umlaufs auch Symbole und Alltagsgegenstände des politischen Protests, wie die hier gezeigten vier Anstecker. Diese werden durch Dokumente und Materialien zur Parteienlandschaft in Polen nach 1989 ergänzt.
Lesetipps:
Jan Kubik: The Power of Symbols against the Symbols of Power. The Rise of Solidarity and the Fall of State Socialism in Poland, University Park, PA 1994.
Anna Niedźwiedź: Religious Symbols in Polish Underground Art and Poetry of the 1980s, in: Jan C. Behrends/Thomas Lindenberger (Hg.): Underground Publishing and the Public Sphere, Wien/Berlin 2014, S. 189-211.
Wolfgang Schlott: Und die Krähe trägt ein rotes Sternchen. Die politische Karikatur im polnischen Untergrund der Jahre 1981 bis 1989, Bremen 2008.
Gregor Feindt
Zu den aktuellen Protesten in Polen und ihren historischen Referenzen
Im Dezember 2015 tauchten im Straßenbild Warschaus plötzlich elektrische Widerstände auf (Abb. 1). Demonstranten trugen sie am Revers als Symbol ihres Protests gegen die umstrittene Gesetzesänderung der im Oktober gewählten, rechtskonservativen Regierung, die die Tätigkeit des Verfassungsgerichts und des öffentlich-rechtlichen Fernsehen einschränkt. In Zeiten der Mikroelektronik beinahe bedeutungslos geworden, sind diese kleinen Bauteile heute hoch aktuell.
Quelle: Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, Bremen, FSO-2-008
Mit dem Widerstand und zahlreichen anderen Ansteckern nutzen die Protestierenden von heute die Symbolsprache der antikommunistischen Opposition der 1980er Jahre. Auch das „Komitee zur Verteidigung der Demokratie“ (Komitet Obrony Demokracji), das diese Demonstrationen in Warschau und anderen Städten organisiert, verweist mit seinem Namen auf die Opposition im Staatssozialismus, konkret nämlich auf das „Komitee zur Verteidigung der Arbeiter“ (Komitet Obrony Robotników), die erste öffentliche Oppositionsgruppe in der Volksrepublik Polen. Schon zur Zeit der oppositionellen Gewerkschaft Solidarność (1980-1981) erfreuten sich Anstecker, Pins, und Buttons mit oppositioneller Botschaft besonderer Beliebtheit, die Archivale des Monats März sind. Nach der gewaltsamen Niederschlagung dieser Massenbewegung mit der Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 gewannen sie eine neue, dramatischere Bedeutung. Gerade Jugendliche, aber auch Erwachsene, stellten so ihre Unterstützung für die verfolgte Opposition öffentlich zur Schau und riskierten Schikanen, Bedrängung bis hin zu gewaltsamen Übergriffen durch die Polizei.
Nicht immer waren diese Symbole so subtil wie der Widerstand (opornik), der seine Aussagekraft im Polnischen wie im Deutschen durch seine doppelte Bedeutung gewann. Andere Beispiele zeigten die Protagonisten und Helden der Opposition, allen voran Lech Wałęsa oder Papst Johannes Paul II (Abb. 2), oder den bekannten Schriftzug der Solidarność, teils in Abwandlung und mit anderem Text wie hier „Ich bin ein freier Pole“ (Abb. 3). Wieder andere verwendeten Diffamierungen des Regimes und benutzten sie wie zum Beispiel den Begriff „antisozialistisches Element“ (Abb. 4) selbstbewusst zur identitätsstiftenden Selbstaussage.
Das Archiv der Forschungsstelle Osteuropa sammelt seit den 1980er Jahren neben Publikationen des Zweiten Umlaufs auch Symbole und Alltagsgegenstände des politischen Protests, wie die hier gezeigten vier Anstecker. Diese werden durch Dokumente und Materialien zur Parteienlandschaft in Polen nach 1989 ergänzt.
Lesetipps:
Jan Kubik: The Power of Symbols against the Symbols of Power. The Rise of Solidarity and the Fall of State Socialism in Poland, University Park, PA 1994.
Anna Niedźwiedź: Religious Symbols in Polish Underground Art and Poetry of the 1980s, in: Jan C. Behrends/Thomas Lindenberger (Hg.): Underground Publishing and the Public Sphere, Wien/Berlin 2014, S. 189-211.
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Gregor Feindt
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