Bibliothek und Archiv für Nutzung geschlossen
Bewerbungsschluss 05.01.2025
20h/Monat ab 1. April 2025; Unterstützung in Forschung und Lehre
Admin, max. 18h / Woche
zum 01.01.2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Kerstin Brückweh (Erkner)
Wohnen und Wohneigentum. Lässt sich aus der Geschichte der Transformation in Ostdeutschland lernen?
20.01.2025 Bewerbungsschluss
03.07.-05.07.2024, Dresden
Buchvorstellung
18:00 Uhr, OEG 3790
"The Making and Unmaking of the Ukrainian Working Class"
mit Dr. Denys Gorbach (Autor) und Prof. Dr. Jeremy Morris (Diskutant)
Wissenswertes
Ein ethnisch homogenes Polen?
Zum 70. Jahrestag der „Aktion ,Weichsel‘“
Foto: Fabian Winkler Fotografie. Quelle: Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, FSO 02-002 Gp 1219.
Am 28. März 1947 umstellten polnische Soldaten zahlreiche Häuser im Süden und Osten Polens. Sie zwangen ihre Bewohner, Angehörige der ukrainischen und lemkischen Minderheit, ihre Häuser zu verlassen und sich auf die weite Reise in die ehemals deutschen, nun neuen polnischen Westgebiete zu begeben, wo sie sich weit voneinander verstreut niederlassen sollten. Knapp 140.000 Menschen wurden bei diesen „Aktion ,Weichsel‘“ genannten Deportationen umgesiedelt. Unser Archivale des Monats April, eine Ausgabe der oppositionellen Zeitschrift „Dialogi. Biuletyn polsko-ukraiński“ aus dem Jahr 1987, vermag uns dazu zwei Geschichten zu erzählen. Zum einen erinnert sie an die Deportationen des Jahres 1947. Zum anderen zeigt sie, wie oppositionelle Kreise in den 1980er Jahren deren Geschichte neu entdeckten und in Zusammenarbeit mit ukrainischen Gleichgesinnten begannen, sie kritisch aufzuarbeiten.
Die kommunistische Regierung verfolgte mit der Aktion ,Weichsel‘ im Jahre 1947 zwei Ziele. Zunächst sollten die Partisanen der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) endgültig besiegt werden. Sie kämpften seit 1941 für einen ukrainischen Staat und hatten dabei auch mehrere Tausend polnische Zivilisten ermordet. Bis heute gelten die Massaker von Wolhynien als wichtiges Element polnischer Leidensgeschichte. Daneben stand hinter der Aktion „Weichsel“ der Gedanke, einen ethnisch homogenen polnischen Staat zu schaffen – ohne Minderheiten und, so dachten die regierenden Kommunisten wie nicht wenige ihrer konservativen Gegner, ohne daraus resultierende Konflikte, wie es sie in der Zwischenkriegszeit gegeben hatte. Dabei war häufig gar nicht klar, wer überhaupt „Ukrainer“ war. Zählte Sprache, Religion? Knapp 200 Menschen überlebten die Deportationen nicht; weitere 630 wurden als Partisanen der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) zum Tode verurteilt. Unter dem Eindruck der Massaker in Wolhynien unterstützten weite Teile der polnischen Bevölkerung die Aktion „Weichsel“. Die offizielle Interpretation der Deportationen als notwendiges Instrument zur Bekämpfung der Partisanen setzte sich weitgehend durch. Ethnische Minderheiten spielten in der Volksrepublik Polen kaum eine Rolle mehr.
Foto: Fabian Winkler Fotografie. Quelle: Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, FSO 02-002 Gp 1219.
Erst nach der Wende 1989 wurden der ukrainischen Minderheit gesetzlich verbürgte Minderheitenrechte zugestanden. Daneben begann ein intensiver polnisch-ukrainischer Dialog über Themen wie die Massaker von Wolhynien und die Aktion „Weichsel“, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Zum Jahrestag der Aktion „Weichsel“ finden mittlerweile jedes Jahr an vielen Orten in Polen und der Ukraine Gedenkveranstaltungen statt. Zum ersten Mal seit 1989 gab es dafür jedoch in diesem Jahr keine finanzielle Unterstützung vonseiten der Warschauer Zentralregierung. Offenbar passt eine kritische Auseinandersetzung mit diesem dunklen Fleck polnischer Geschichte nicht zur Geschichtspolitik der neuen Regierung, die auf eine positive Identifikation mit der polnischen Geschichte zielt.
Lesetipps:
Michael Fleming: Communism, Nationalism and Ethnicity in Poland, 1944-50, London/New York 2010.
Grzegorz Motyka: Od Rzezi Wołyńskiej do Akcji „Wisła”, Kraków 2011.
Timothy Snyder: The Reconstruction of Nations. Poland, Ukraine, Lithuania, Belarus, 1569–1999, New Haven 2003.
Jacob Nuhn
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