18:15 Uhr Kolloquiumsvortrag
Thuc Linh Nguyễn Vũ (Wien)
Between the Heroic and the Mundane: The Vietnamese Presence in Socialist Poland
20.01.2025 Bewerbungsschluss
03.07.-05.07.2024, Dresden
Lunchtalk with Anna Dial
12:00 Uhr, OEG 3790 und Zoom
The ‘Unknown Person’ Publishing House: Community, Art and Activism - Challenges for Independent Publishers in Russia and Exile
Buchvorstellung
18:00 Uhr, OEG 3790
"The Making and Unmaking of the Ukrainian Working Class"
mit Dr. Denys Gorbach (Autor) und Prof. Dr. Jeremy Morris (Diskutant)
Filmvorführung "Herr Zwilling und Frau Zuckermann"
18:00 Uhr, City 46
DE 1999, Regie: Volker Koepp, 126 Minuten, OmU
Einführung: Prof. Dr. Susanne Schattenberg
NS-Überlebende in der Ukraine heute
19Uhr, Landeszentrale für politische Bildung
Vortrag von Ragna Vogel (Verein KONTAKTE-KOHTAKTЫ)
und Marcus Meyer (Denkort Bunker Valentin)
Russia’s War in Ukraine
19Uhr, Kukoon, Eintritt frei
Buchvorstellung und Diskussion
Wissenswertes
Karel Trinkewitz oder der Superhero und sein Künstler
Zum Auftakt der Vortragsreihe „Kinder des Oktober“
„Das ganze Leben ist eine Collage“, heißt es in den Erinnerungen von Karel Trinkewitz. Trinkewitz war ein obsessiver Künstler. Dutzende Collagen, Hunderte Zeichnungen und Bändchen, von Hand beklebt und bemalt, Tausende Haikus und Zehntausende Seiten Tagebuch finden sich im Nachlass im Archiv der Forschungsstelle Osteuropa Bremen. Es ist ein wucherndes Textgewebe, das sich nicht zuletzt durch einen provozierenden Witz auszeichnet – wie in seiner undatierten Lenin-Collage, die den Flyer zur soeben beginnenden FSO-Veranstaltungsreihe „Kinder des Oktobers“ ziert.
In dieser Collage steht Lenin mittig auf einem weinroten Buchdeckel mit dem tschechischen Titel SPISY („Schriften“). In seiner floralen Ornamentik indes ruft der Buchumschlag eher einen sentimentalen Roman auf denn marxistisch-leninistische Botschaften. Lenins Kopf ist auf den Körper von Superman geklebt, Mantel und ausgestreckter Arm immerhin erinnern an die über halb Europa verbreitete Ikonographie des in Bronze gesetzten Revolutionsführers.
Die Brenngläser der Pop-Kultur, so Dietmar Dath in seinem Standardwerk zum Superhelden, vergrößern und übersteigern Emotionen und Fantasien, bis diese aussehen, als wären sie Tatsachen. Gleichwohl haftet diesen fiktiven Fakten etwas so erkennbar Gewaltsames und Gewolltes an, dass das Gegengift der ironischen Brechung mitgeliefert wird. Demselben Prinzip folgt unbewusst und ungewollt die hypertrophe Propaganda totalitärer Regime: Sie übersteigert die Lüge, bis daraus Grotesken eigener Realität werden.
Der 1931 geborene Karel Trinkewitz ertrug die Totalitarismen und ihre Propheten (Lenin) schon immer schlecht. Waren totale Ideen doch dafür verantwortlich, dass er als „Halbjude“ im deutsch besetzten Böhmen und Mähren die Schule verlassen musste, später als „Halbdeutscher“ in der Tschechoslowakei den Studienplatz verlor und noch später als Prager Dissident seine Heimatstadt verlassen musste. Er kam in Hamburg unter. Auf seinem „langen Marsch“ durch die Systeme, von Ost nach West, entdeckte Trinkewitz die populäre Kultur – und begann zu kleben: bunte Zeitungsreste auf Pappkugeln, schwarze Buchstaben auf Flaschen, altes Kartenmaterial auf Steine, glitzernde Popstars auf Holzrahmen. Lenin auf Superman.
Anders als etwa sein Pendant Batman ist Superman alias Clark Kent, comicgeboren im Krisenjahr 1938, ein natürlicher Halbgott und darum unangefochten von der Welt. Kein Self-made-Hero oder halbdunkler Selbstüberwinder. Ähnlich verstrahlt Lenin (die Propaganda-Figur) eine toxische Eindeutigkeit: Er ist der Self-made-Revoluzzer, ein konsequenter Putschist, Vater aller Revolutionstheorie sowie eines Superheldenuniversums namens Sowjetunion. Mit bissiger Ironie und zugleich folgerichtig klebt Trinkewitz Lenin und Superman (Uljanow und Kent) zusammen. Indem die Collage das eigentlich Unzusammengehörige verbindet, ist sie immer schon ironisch. In der Lenin-Superman-Zusammenfügung von Trinkewitz, der damit das unter der Hand Zusammengehörige vereint, zeigt sich die Collage als wahre Erhellungsmaschine. Als Splitterbild des ganzen Lebens.
Lesetipps:
Karel Trinkewitz: Das Leben ist eine Collage, Prag 1999.
Dietmar Dath: Superhelden, Stuttgart 2016.
Christine Gölz, Birgit Krehl, Alfrun Kliems (Hg.): „Die unerträgliche Leichtigkeit des Haiku“. Der Künstler Karel Trinkewitz, Wettin-Löbejün 2016.
Alfrun Kliems
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