CfA: „Challenges of Data Collection, Re-use, and Analysis: Public Opinion, Political Debates, and Protests in the Context of the Russo-Ukrainian War"
The Research Centre for East European Studies (FSO), Bremen, 25-27.08.2025
Buchvorstellung/Gespräch
19:00 Uhr, Theater Bremen, Foyer Großes Haus
"White But Not Quite": Gibt es antiosteuropäischen Rassismus?
mit Autor Ivan Kalmar
Einführung: Klaas Anders, Moderation: Anke Hilbrenner
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Muriel Nägler
Einführung für Studierende
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Agata Zysiak (Vienna/Lodz)
The Socialist Citizenship. Social Rights and Class in Postwar Poland
Buchvorstellung und Gespräch
18:00 Uhr, Europapunkt
Ein Russland nach Putin?
mit Jens Siegert und Susanne Schattenberg
CfP: Coming to the Surface or Going Underground? Art Practices, Actors, and Lifestyles in the Soviet Union of the 1950s-1970s
The Research Centre for East European Studies (FSO), Bremen, November 13-14, 2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Hera Shokohi (Bonn)
Genozid und Totalitarismus. Die Sprache der Erinnerung an die Opfer des Stalinismus in der Ukraine und Kasachstan
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Sheila Fitzpatrick (Melbourne)
Lost Souls. Soviet Displaced Persons and the Birth of the Cold War
Wissenswertes
Der Traum Obdachloser von einem Dach über dem Kopf
Der Literaturalmanach MetrOpol
Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, FSO 01-146 (Sapgir), Foto: Maria Klassen.
In den 1970er Jahren stießen sowjetische Künstler*innen und Literat*innen auf ihrer Suche nach alternativen Ausdrucksformen ständig an die Grenzen der Zensurbehörden. Angesichts des an den starren Vorgaben des sozialistischen Realismus festhaltenden offiziellen Literaturbetriebs verschwanden häufig auch Manuskripte anerkannter Mitglieder des Schriftstellerverbands mit einem Ablehnungsvermerk in der Schublade. Mit der Erstellung des Literaturalmanachs „MetrOpol“ versuchten zwei Dutzend Schriftsteller, diese Einschränkungen der künstlerischen Freiheit zu überwinden.
Folgt man den Mythen, die sich um die Anfänge des Almanachs ranken, so hatte tatsächlich alles mit Zahnschmerzen begonnen. Während eines gemeinsamen Arztbesuchs diskutierten die Initiatoren Wassili Axjonow und Wiktor Jerofejew in ihren nebeneinander liegenden Behandlungsstühlen die Idee, einen Literaturalmanach zusammenzustellen. Dieser sollte bisher unpublizierte Werke in ihren Augen talentierter Mitstreiter*innen vereinen und bereits als fertiggestellte Druckfahne dem Schriftstellerverband und Verlagen zur Veröffentlichung vorgelegt werden. Ziel war es, ein nachträgliches Eingreifen in die Texte zu verhindern. Was als mutiges und enthusiastisches Vorhaben begann, endete 1979 mit der Metropol-Affäre als politischem „cause célèbre“ im Kalten Krieg.
Im Jahr 1978 schritt das Herausgeberkollektiv in der Einraumwohnung Axjonows in der Krasnoarmejskaja-Strasse zur Tat, die zur Anlaufstelle Intellektueller unterschiedlichster Generationen wurde. Die über zwölf Monate dauernden Arbeiten waren das kollektive Produkt eines offensichtlich gut funktionierenden Netzwerks der Schriftsteller, das dabei half, die insgesamt zwölf Exemplare zu erstellen. Dazu mussten etwa 12.000 maschinengeschriebene Seiten getippt, korrigiert und zusammengeklebt werden. Der Sammelband selbst vereinte so gegensätzliche Autor*innen wie die im Samisdat publizierenden Dichter Genrich Sapgir und Jewgeni Popow mit offiziell anerkannten Poeten wie Andrej Wossnessenski und Bella Achmadulina. Auch umfasste er die Lieder des charismatischen Barden Wladimir Wyssozki und eine Übersetzung von John Updikes Erzählung „The Coup“, die dem Unterfangen einen internationalen Anstrich verleihen sollte. Der Bühnenbildner des Moskauer Theaters an der Taganka, David Borowski, konzipierte das Layout, während der Künstler Boris Messerer das Umschlagmotiv in Form eines Grammophons beisteuerte.
Noch 1979 wurde MetrOpol im bekannten Ardis-Verlag in den USA veröffentlicht. Das Schicksal der Druckfahnen ist nicht umfassend geklärt. Die Rückgabe des Exemplars von Jewgeni Popow wurde 1999 per Gerichtsbeschluss angeordnet. Die Odyssee zweier Exemplare von MetrOpol endete in Bremen. Inna Babenyševa übergab 1999 Axjonows Exemplar der FSO. Auch im Nachlass von Genrich Sapgir findet sich eine der Originaldruckfahnen. Kopien der Illustrationen seines ausschließlich in den amerikanischen Ausgaben von MetrOpol veröffentlichten Gedichts „Fesseln“ zählen zum Nachlass des für seine freizügigen Grafiken bekannten nonkonformen Künstlers Anatoli Brusilowski. Neben Samizdatabschriften der einzelnen Werke sind jene des später in Deutschland lebenden Schriftstellers Friedrich Gorenstein vertreten. Die vielfältigen Archivsplitter von MetrOpol im Archiv der Forschungsstelle Osteuropa unterstreichen sowohl den Netzwerkcharakter als auch die überragende Bedeutung des Projekts für die (in)offizielle Literaturszene in der Sowjetunion.
Lesetipps:
Vasily Aksyonov, Viktor Yerofeyev, Fazil Iskander, Andrei Bitov, und Yevgeny Popov (Hg): Metropol Literary Almanac, New York/London 1979.
Maria Zalambani: Delo „Metropolja“. Stenogramma rasširennogo zasedanija sekretariata MO SP SSSR ot 22 janvarja 1979 g.. In: Novoe literaturnoe obozrenie 82 (2006), S. 243-281.
Viktor Erofeev: Vremja „MetrOpolja“, in: MetrOpol‘. Literaturnyj al’manach, Moskva 1999, S. 3-11.
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