CfA: „Challenges of Data Collection, Re-use, and Analysis: Public Opinion, Political Debates, and Protests in the Context of the Russo-Ukrainian War"
The Research Centre for East European Studies (FSO), Bremen, 25-27.08.2025
Buchvorstellung/Gespräch
19:00 Uhr, Theater Bremen, Foyer Großes Haus
"White But Not Quite": Gibt es antiosteuropäischen Rassismus?
mit Autor Ivan Kalmar
Einführung: Klaas Anders, Moderation: Anke Hilbrenner
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Muriel Nägler
Einführung für Studierende
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Agata Zysiak (Vienna/Lodz)
The Socialist Citizenship. Social Rights and Class in Postwar Poland
Buchvorstellung und Gespräch
18:00 Uhr, Europapunkt
Ein Russland nach Putin?
mit Jens Siegert und Susanne Schattenberg
CfP: Coming to the Surface or Going Underground? Art Practices, Actors, and Lifestyles in the Soviet Union of the 1950s-1970s
The Research Centre for East European Studies (FSO), Bremen, November 13-14, 2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Hera Shokohi (Bonn)
Genozid und Totalitarismus. Die Sprache der Erinnerung an die Opfer des Stalinismus in der Ukraine und Kasachstan
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Sheila Fitzpatrick (Melbourne)
Lost Souls. Soviet Displaced Persons and the Birth of the Cold War
Wissenswertes
Der Runde Tisch und seine Vorgeschichte
Zum 30. Jahrestag der polnischen ausgehandelten Revolution
Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, FSO 02-014. Bestand von Peter Raina.
Am 16. September 1988 trafen sich in dem Dorf Magdalenka bei Warschau im Konferenzraum des Innenministeriums Vertreter der polnischen regierenden Kommunisten (PZPR) und der noch illegalen Gewerkschaft Solidarność zu vorbereitenden Gesprächen für den Runden Tisch, an dem sie unter dem Vorsitz der Katholischen Kirche den polnischen Systemwandel aushandelten. Vor dem Hintergrund neuer Streiks an der Küste und in Schlesien sahen sich beide Seiten einig, nur gemeinsam aus der innenpolitischen Krise Polens herauszukommen. Unser Archivstück des Monats erinnert daran, dass diese Suche nach einem Kompromiss damals von weiten Teilen der Opposition getragen wurde. Das Foto aus dem Bestand von Peter Raina zeigt den damaligen Vorsitzenden der Gewerkschaft Solidarność und späteren Präsidenten Lech Wałęsa und seinen Berater und gleichfalls späteren Präsidenten Lech Kaczyński. Heute stehen sich Wałęsa und der Zwillingsbruder von Lech Kaczyński, Jarosław Kaczyński, Chef der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), gerade auch in der Interpretation des polnischen Systemwandels unversöhnlich gegenüber.
Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, FSO 02-014. Bestand von Peter Raina.
Tatsächlich konnten in den Jahren vor Beginn der Gespräche weder die polnischen Kommunisten noch die Gewerkschaft Solidarność ihre Vorstellungen über die Zukunft Polens durchsetzen. Die Gewerkschaft vermochte nach Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 und den folgenden fast sieben Jahren des Untergrundkampfes nicht mehr auf eine Massenbasis zurückzugreifen. Gleichzeitig scheiterten alle politischen und ökonomischen Reformbemühungen der regierenden Kommunisten an der Apathie der Menschen und der Unmöglichkeit, das sozialistische System zu demokratisieren. Beiden Seiten boten die von der Gewerkschaft Solidarność initiierten Gespräche am Runden Tisch, die am 6. Februar 1989 begannen, die Möglichkeit, ihre Ideen zu realisieren.
Dabei musste die kommunistische Führung um die Generäle Wojciech Jaruzelski und Czesław Kiszczak ebenso starken Widerstand gegen die Gespräche überwinden, wie der Führer der Solidarność, Lech Wałęsa, und seine Berater innerhalb des oppositionellen Lagers. Weder die am 1. November 1979 gegründete Konföderation des unabhängigen Polens (KPN) noch die im Juni 1982 von Kornel Morawiecki, Vater des aktuellen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki, gegründete Solidarność Walcząca (Kämpferische Solidarność), die jeglichen Kompromiss mit den polnischen Kommunisten ablehnte, wollten an diesen Gesprächen teilnehmen.
Die Gespräche am Runden Tisch selbst wurden vom 6. Februar bis zum 5. April 1989 in Warschau und in Magdalenka geführt. Beide Seiten einigten sich darauf, den Senat als zweite Kammer mit 100 Senatoren sowie das Amt des Präsidenten wiedereinzuführen. Die für Juni angesetzten Wahlen zum Senat sollten völlig frei sein, während für die erste Kammer, den Sejm, nur 35% der Sitze frei in Wahlen vergeben wurden. Der Rest war der PZPR, Blockparteien und regierungsnahen Organisationen vorbehalten. Ferner sollte die Gewerkschaft Solidarność legalisiert, ihr ein Zugang zu den Medien eingeräumt und die Rolle des Verfassungsgerichtes und des Ombudsmanns für Bürgerrechte vergrößert werden. Schließlich vereinbarten die Verhandlungspartner vage ökonomische Reformen.
Die endgültige Demokratisierung Polens kam erst durch den Seitenwechsel der Blockparteien im Sommer 1989 zustande – verdeutlicht durch die Wahl von Tadeusz Mazowiecki zum ersten nichtkommunistischen Ministerpräsidenten des zerfallenden Ostblocks am 24. August 1989. Die Verhandlungen am Runden Tisch legten indes die Grundlagen hierfür. Während heute weite Teile der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) den damaligen Kompromiss mit den polnischen Kommunisten am Runden Tisch ablehnen, ignorieren sie die Beteiligung führender PiS-Vertreter an diesen historischen Verhandlungen. Diese wurden damals auch von heutigen Kritikern des Runden Tisches als Chance für einen friedlichen Systemwandel verstanden.
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Stefan Garsztecki
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