Bibliothek und Archiv für Nutzung geschlossen
Bewerbungsschluss 05.01.2025
20h/Monat ab 1. April 2025; Unterstützung in Forschung und Lehre
Admin, max. 18h / Woche
zum 01.01.2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Kerstin Brückweh (Erkner)
Wohnen und Wohneigentum. Lässt sich aus der Geschichte der Transformation in Ostdeutschland lernen?
20.01.2025 Bewerbungsschluss
03.07.-05.07.2024, Dresden
Buchvorstellung
18:00 Uhr, OEG 3790
"The Making and Unmaking of the Ukrainian Working Class"
mit Dr. Denys Gorbach (Autor) und Prof. Dr. Jeremy Morris (Diskutant)
Wissenswertes
Totale Bedenkenlosigkeit
Vor 35 Jahren kam es zum Reaktorbrand im Atomkraftwerk von TschernobylAnsichten aus Tschernobyl, ein Jahr nach dem Unglück: Der Reaktorblock, sogenannte „Liquidatoren“ und ein Denkmal für Feuerwehrleute, die an den Folgen der Löschung des Reaktorbrandes verstorben waren.
Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, Fotos: Elfie Siegl.
Um 1:23 Uhr in der Nacht zum 26. April 1986 brach im vierten Reaktorblock des Kernkraftwerkes von Tschernobyl ein Feuer aus, das den Reaktor teilweise zerstörte und Radioaktivität freisetzte, die 200 Mal stärker war als die bei den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki.
Erst vier Wochen nach dem Unglück nannte die Parteizeitung "Prawda" den Reaktorbrand das größte Unglück in der Geschichte der friedlichen Nutzung des Atoms. Der Weg zu dieser Erkenntnis war sehr lang und kostete die Kremlführung unter Gorbatschow erhebliche Einbußen an Autorität und Glaubwürdigkeit sowohl im eigenen Land, als auch in der restlichen Welt.
Die Nachricht von einer Havarie, so Michail Gorbatschow in seinen Memoiren, habe die Sowjetführung im Morgengrauen des 26. April erreicht. Unverzüglich wurden jegliche Informationen über das Unglück vom Kreml mit einem Tabu belegt. Gorbatschow selbst schwieg. Drei Tage benötigte man für eine erste Informationen über das Reaktorunglück in Form einer dürren, den wahren Sachverhalt verschleiernden Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur TASS. Und erst am 2. Mai flogen Regierungschef Ryschkow und weitere Führungsmitglieder nach Tschernobyl, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Die Gerüchteküche brodelte: von Tausenden Toten war die Rede, dann von Dutzenden radioaktiv verseuchten Feuerwehrleuten, die den Brand im 4. Reaktorbock gelöscht hatten und deren Leichen auf einem Friedhof bei Moskau bestattet sein sollten.
Die gesamte Ukraine wurde für ausländische Korrespondenten zum Sperrgebiet erklärt, wer dorthin illegal reiste lief Gefahr, seine Koffer packen und die Sowjetunion verlassen zu müssen. Das Gebot der Stunde, sich vor Ort ein Bild von der Katastrophe zu machen und das Verbot des Kremls, selbiges zu tun – dieses Dilemma bedrohte so manchen Korrespondenten in seiner beruflichen Existenz.
Erst drei Wochen nach der Katastrophe klärte Gorbatschow die sowjetische Bevölkerung über Tschernobyl auf und ließ ausländische Spezialisten ins Land. Das Außenministerium in Moskau gab fortan täglich Pressekonferenzen zu Tschernobyl. Der internationale Druck auf die UdSSR war zu groß geworden. Ein Jahr später organisierte das Außenministerium für kleine Gruppen ausgewählter ausländischer Korrespondenten Reisen nach Kiew und Tschernobyl. Wir fuhren durch die Sperrzone von Tschernobyl, besuchten das teilweise zerstörte Atomkraftwerk, redeten dort mit Arbeitern und besichtigten die verlassene, verstrahlte Wohnsiedlung des Werkes, deren Bewohner all ihr Hab und Gut zurücklassen mussten. Wir machten – nicht ausdrücklich erlaubt, aber auch nicht verboten – Fotos, die hier als Archivalien des Monats präsentiert werden. Die Radioaktivität war in Tschernobyl sehr hoch, auch wenn die Dosimeter unserer offiziellen Begleiter etwas anderes auswiesen. In Kiew durften wir ausgewählte "Liquidatoren" interviewen. Das waren Männer, die seit dem Unfall in der 30-Kilometer-Zone um das Kraftwerk herum an der Beseitigung des Unfalls arbeiteten. Allein in der Ukraine waren es über 200 000, die meisten unter ihnen wurden zu Frührentnern, weil sie verstrahlt waren. Selbst zehn Jahre nach dem Reaktorunglück war das volle Ausmaß der Schadensfolgen immer noch nicht genau bekannt.
Elfie Siegl
Lesetipps
Alla Jaroschinskaja: Verschlusssache Tschernobyl. Die geheimen Dokumente aus dem Kreml, Berlin 1994.
Swetlana Alexijewitsch: Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft, Berlin 1997.
Igor Kostin: Tschernobyl – Nahaufnahme, München 2006.
Kate Brown: Manual for Survival. A Chernobyl Guide to the Future, New York 2019.
Elfie Siegl ist freie Autorin und Journalistin. Sie arbeitete seit 1981 als Korrespondentin für RIAS Berlin und einen Zeitungspool in Moskau und blieb dort bis 2003 tätig.
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