Bibliothek und Archiv für Nutzung geschlossen
Bewerbungsschluss 05.01.2025
20h/Monat ab 1. April 2025; Unterstützung in Forschung und Lehre
Admin, max. 18h / Woche
zum 01.01.2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Kerstin Brückweh (Erkner)
Wohnen und Wohneigentum. Lässt sich aus der Geschichte der Transformation in Ostdeutschland lernen?
20.01.2025 Bewerbungsschluss
03.07.-05.07.2024, Dresden
Buchvorstellung
18:00 Uhr, OEG 3790
"The Making and Unmaking of the Ukrainian Working Class"
mit Dr. Denys Gorbach (Autor) und Prof. Dr. Jeremy Morris (Diskutant)
Wissenswertes
Vom gefeierten Physiker zum Staatsfeind
Wie Andrei Sacharow für seine Friedenspolitik in Ungnade fielSacharows Porträt anlässlich seines 60. Geburtstags samt Anschrift in der Verbannung. Archiv der Forschungsstelle Osteuropa. Foto: Maria Klassen.
Obwohl der Wissenschaftler und Menschenrechtler Andrei Sacharow 1981 weltbekannt war, durfte sein Porträt, das anlässlich seines 60. Geburtstags von einer unbekannten Person mit einer Bildunterschrift versehen wurde, nur im Geheimen vervielfältigt und geteilt werden. Es galt als „Foto-Samisdat“. Sacharow war aufgrund seiner Aktivitäten als Menschenrechtler am 22. Januar 1980 vom KGB festgenommen und nach Gorki verbannt worden, um ihn dort von der Außenwelt und v.a. vom Kontakt zu ausländischen Korrespondent*innen abzuschneiden. Die Bildunterschrift machte Sacharows vollständige Adresse in Gorki bekannt, damit seine Anhänger*innen im In- und Ausland ihn kontaktieren oder unterstützen konnten. Einer von ihnen war Wiktor Nekipelow. Der Dichter und Dissident wurde aufgrund seiner nonkonformen Texte selbst zweimal inhaftiert. Aus seinem Nachlass stammt Sacharows Portrait, das damals einen regelrechten Kultstatus besaß und jetzt das Archivale des Monats ist.
Andrei Sacharow wurde am 21.05.1921 in eine Familie der Moskauer Intelligenz geboren. Politische Belange wurden während Sacharows Kindheit weitestgehend von ihm ferngehalten, um ihn nicht zu belasten oder zu verunsichern. Er bekam anfangs privaten Unterricht und wurde von seinem Vater an die Physik herangeführt, was seinen Berufswunsch entscheidend prägte. 1938 begann er sein Physikstudium an der Moskauer Staatlichen Universität, das er 1942 in der Evakuierung in Aschchabad abschloss. Obwohl ihm eine Promotionsstelle angeboten wurde, entschied er sich, in einer Rüstungsfabrik seinen Beitrag zur Verteidigung des Landes zu leisten. Erst 1944 begann er seine Promotion in theoretischer Physik.
Nachdem die USA 1945 die erste Atombombe auf Hiroshima abgeworfen hatten, arbeitete die UdSSR mit Hochdruck an einer eigenen Atomwaffe. Auch Sacharow stieg in dieses Projekt ein. Am 12. August 1953 zündete die Sowjetunion die erste Wasserstoffbombe, an deren Entwicklung Sacharow maßgeblich beteiligt war. Für seine Arbeit wurde er dreimal mit dem Titel „Held der sozialistischen Arbeit“ ausgezeichnet. Doch er selbst entwickelte schnell Zweifel am Nutzen der Atomtests, die zig Tausende Menschenleben kosteten. Bald darauf begann er, sich auch für Menschenrechte einzusetzen. Nach der Ernennung Leonid Breschnews zum Generalsekretär der KPdSU 1964 hatte sich die Lage für Andersdenkende in der UdSSR verschlechtert. Sacharow unterschrieb unter anderem eine Petition, die sich gegen die Einführung eines neuen Straftatbestands der „antisowjetischen Propaganda“ aussprach, und rief sogar Breschnew an, um sich für den Umweltschutz oder verfolgte Personen einzusetzen.
Im Jahre 1968 verfasste Sacharow sein berühmtes Manifest „Gedanken über Fortschritt, friedliche Koexistenz und geistige Freiheit“. Der Text wurde ohne Sacharows Wissen ins Ausland geschmuggelt und Anfang Juli 1968 erstmals in einer holländischen Zeitung veröffentlicht. Von da gelangte er in die ganze Welt. Sacharow stellte darin zwei wesentliche Thesen auf. Er konstatierte, dass die Uneinigkeit der Menschheit deren eigene Existenz bedrohe und sie nur durch Zusammenarbeit und gegenseitiges Verständnis ihr Fortbestehen sicherstellen könne. Entscheidend dafür sei die Annäherung zwischen den konkurrierenden Systemen von Sozialismus und Kapitalismus. Zweitens bedürfe es der geistigen Freiheit des Menschen, um diesen Austausch zu ermöglichen. Die geistige Freiheit verhindere zudem die Volksverhetzung durch staatliche Propaganda und Demagogen. Aufgrund dieses Manifests wurde Andrei Sacharow vom geheimen Atomwaffenprojekt der UdSSR entlassen. Er konnte jedoch weiter an der Akademie der Wissenschaften forschen. 1975 erhielt er für sein politisches Engagement den Friedensnobelpreis.
Am 21. Mai 2021 jährt sich Andrei Sacharows Geburtstag zum einhundertsten Mal. Zu diesem Anlass erarbeitete das Moskauer Sacharow-Zentrum eine Ausstellung über seine Biografie, die von Studierenden der Universität Bremen ins Deutsche übersetzt und bearbeitet wurde. Sie wird unter dem Titel „Andrei Sacharow – Vom Bombenbauer zum Bürgerrechtler“ als Freilichtausstellung auf dem Boulevard der Universität vom 20. Mai bis zum 16. Juli 2021 zu sehen sein. Eine feierliche Eröffnung findet online am 20. Mai um 18:00 Uhr statt:
https://uni-bremen.zoom.us/j/99511668404?pwd=U2pta0x1ZGlJUjJvMDg1dS9YQ2pKUT09
Webinar-ID: 995 1166 8404
Kenncode: 914662
Lena Ammen, Felix Voss
Lesetipps
Andrej Sacharow: Mein Leben, München 1991.
Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Andrej D. Sacharow. Leben und Werk eines Physikers in einer Retrospektive seiner Kollegen und Freunde in der Akademie der Wissenschaften, Heidelberg 1991.
Alexander Daniel: ‚Andrej Sacharow, 1921-89‘, in: Biografisches Lexikon „Widerstand und Opposition im Kommunismus“, 2016.
Lena Ammen studiert Geschichte und Soziologie an der Universität Bremen.
Felix Voss studiert Geschichte an der Universität Bremen.
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