Bibliothek und Archiv für Nutzung geschlossen
Bewerbungsschluss 05.01.2025
20h/Monat ab 1. April 2025; Unterstützung in Forschung und Lehre
Admin, max. 18h / Woche
zum 01.01.2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Kerstin Brückweh (Erkner)
Wohnen und Wohneigentum. Lässt sich aus der Geschichte der Transformation in Ostdeutschland lernen?
20.01.2025 Bewerbungsschluss
03.07.-05.07.2024, Dresden
Buchvorstellung
18:00 Uhr, OEG 3790
"The Making and Unmaking of the Ukrainian Working Class"
mit Dr. Denys Gorbach (Autor) und Prof. Dr. Jeremy Morris (Diskutant)
Wissenswertes
Eine kritische Frage
Gedanken eines Zeitzeugen über die Ereignisse in Ungarn 1956
Die erste handschriftliche Manuskriptseite des Romans „Die Abschaltung eines Sterns“. Archiv der Forschungsstelle Osteuropa. Foto: Karina Garsztecka.
Vorbemerkung:
Vor 65 Jahren, am 23. Oktober 1956, gingen in Budapest aus Protest Tausende von Studierenden auf die Straße. Es gelang ihnen, über Nacht auch die Radiostation zu besetzen. Die Situation eskalierte, als Soldaten die Proteste mit Waffengewalt auflösten. Nachdem der Reformer Imre Nagy eine neue Regierung gebildet hatte und es eine Weile so aussah, als würde die Führung in Moskau sogar Ungarns Austritt aus dem Warschauer Pakt akzeptieren, entsandte Moskau am 4. November doch Panzer, die den Sonderweg Ungarns in einem mehrtägigen blutigen Kampf beendeten.
Der damals 15-jährige Valér Weiss verarbeitete 2004 seine Erinnerungen an die Ereignisse in einem Roman, der als Manuskript im Archiv der Forschungsstelle Osteuropa aufbewahrt wird und Archivale des Monats ist. Hier seine Gedanken dazu:
„Zu Beginn der Arbeit an meinem Roman war ich mir im Grunde genommen über alle dieses Buch berührenden Themen durchaus im Klaren.
Eine Frage beschäftigt mich jedoch noch immer: Wieso konnte ausgerechnet das verhältnismäßig kleine Ungarn der sowjetischen Besatzungsmacht einen derart empfindlichen Schlag versetzen, obwohl es in wesentlich größeren Staaten des Ostblocks ebenfalls zu Aufständen und Unruhen mit Toten gekommen war? Diese erreichten jedoch nie das Ausmaß der Revolution von 1956 in Ungarn.
Ungarn befand sich mit der UdSSR in einem nicht erklärten Kriegszustand, der sogar bis zur Kündigung des Warschauer Vertrages und zur Ausrufung der staatlichen Unabhängigkeit und Neutralität führten.
Woher kam dieser gewaltige Druck, der aus einem friedlichen Volksaufmarsch auf den Budapester Boulevards noch am selben Abend einen gnadenlosen Krieg im Lande werden ließ? In diesem Falle spielte das berühmte ungarische Temperament absolut keine Rolle – hier ging es um ernste, lebenswichtige Dinge, um Leidenschaft, um den Freiheitskampf eines ganzen Volkes.
Interessant ist in dieser Hinsicht die Frage, ob im Nachhinein besehen dieser mutige Kampf dem einstigen Gegner Sowjetunion viel Respekt einflößte und sie erneuten Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen wollte – jedenfalls wurde dem nach dem Aufstand in die Sowjetunion geflohenen Diktator Rákosi Asyl bis zu seinem Tode gewährt. Dort soll er unter großem Heimweh gelitten haben…
Valér Weiss in den 1950er-Jahren, Foto: Privatbesitz.
Nachdem die Gerichte des neuen Parteichefs Kádár, die „konterrevolutionären Elemente“ brutal bestraft hatten (massenhafte Hinrichtungen u. a. von Ministerpräsident Imre Nagy sowie diverse Gefängnisstrafen), schenkten die sowjetischen Ersten Sekretäre der KPdSU Chruschtschow und später Breschnew den Ungarn ungeahnte Freiheiten.
Während in der DDR der Stasi-Krake seine Tentakel über das ganze Land ausbreitete, und in den „Bruderländern“ Diktatoren wie Ceauşescu und Husák den Gürtel um das Volk immer enger zogen, durften die Ungarn in den Westen reisen. Der Staat bot sogar die Möglichkeit zum Kauf von Westwährung, es herrschte bis zu einem gewissen Grad freie Meinungsäußerung und eine Art „Gulaschkommunismus“ lebte auf.
Woran bei dieser im Westen manchmal belächelten scherzhaften Bezeichnung nicht gedacht wurde: dass dafür viele Ungarn, im Kampf oder durch den Strang, ihr Leben verloren hatten. Warum hatten ausgerechnet die Ungarn derart eiserne Fäuste gegen den Bolschewismus?
Darauf können Sie in dem vorliegenden Buch eine Antwort finden.“
Valér Weiss
Lesetipps
Valér Weiss: Die Abschaltung eines Sterns. Roman zu Ehren einer unvergessenen Revolution, Manuskript, Bremen 2004, Archiv der Foerschungstelle Osteuropa.
György Dalos: 1956. Der Aufstand in Ungarn, München 2006.
Hannes Lachmann: Die „Ungarische Revolution“ und der „Prager Frühling“. Eine Verflechtungsgeschichte zweier Reformbewegungen zwischen 1956 und 1968, Essen 2018.
Valér Weiss wurde 1941 in Budapest geboren. Nach seiner Emigration nach Bremen arbeitete er als Archivar bei Radio Bremen und lebt nun im Ruhestand. Ehrenamtlich hilft er im Archiv der FSO, die ungarischen Quellen zu sortieren und zu katalogisieren.
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