Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Maike Lehmann (Bremen)
Kul‘turnost‘ and Non/Belonging in the Late Soviet Union
(65% der vollen Wochenarbeitszeit, Entgeltgruppe 13 TV-L)
ab dem 01. Januar 2025 befristet für 3 Jahre. Bewerbungsfrist: 31.10.2024
Diskussion: Was ist „Osteuropa“? Geschichte und Gegenwart eines widersprüchlichen Konzepts
19 Uhr, Bibliothek der Weserburg Museum für moderne Kunst
Anastasia Tikhomirova, Hans-Christian Petersen, Artur Weigandt, Klaas Anders
Ukrainische Schriftsteller*innen in Zeiten des Krieges
18:00 Uhr, Europapunkt Bremen
Oxana Matiychuk, Susanne Schattenberg
Wissenswertes
Die Verleihung des Friedensnobelpreises an Memorial
Die Friedensnobelpreisträger*innen Olexandra Matwijtschuk für das CCL, Jan Ratschinski für Memorial und Natalija Pintschuk, die den Preis für ihren Mann Ales Bjaljazki entgegennahm.
Foto: Taisija Krugowych
Der diesjährige Friedensnobelpreis geht in einen Teil der Welt, der aktuell in Flammen steht. Die ukrainische Menschenrechtsorganisation Center for Civil Liberties arbeitet in einem teilweise besetzten Land. Der weißrussische Nobelpreisträger, Oppositionspolitiker und Menschenrechtsaktivist Ales Bjaljazki sitzt hinter Gittern. Und die Dachorganisation Memorials in Russland wurde vor Beginn der Invasion zwangsaufgelöst. Diese Umstände dominieren die Gefühle vieler Memorial-Aktivist*innen – eine Mischung aus Verbitterung, Ohnmacht und überwältigender Verantwortung, die auf ihren bzw. unseren Schultern lastet.
Als die Nachricht über die Nominierung von Memorial am 7. Oktober 2022 in den Medien bekannt gegeben wurde, kam das für alle äußerst unerwartet. In Moskau wurde zu dieser Zeit ein Gerichtsurteil verkündet, was dem Staat das Recht gab, das Bürogebäude von Memorial International zu beschlagnahmen. In Tiflis eröffneten die Mitglieder von Memorial eine Ausstellung von Briefen verhafteter Väter an ihre Kinder. In Italien ging eine große Konferenz zur Arbeit des wichtigsten „Lager"-Schriftstellers Warlam Schalamow zu Ende. In Bremen wiederum begann der gewohnte Arbeitstag des seit April 2022 hier tätigen Archivteams von Memorial.
Die Delegation von Memorial bei der Friedensnobelpreisverleihung in Oslo.
Foto: Sergei Parchomenko.
Seit Kriegsbeginn ist die Forschungsstelle Osteuropa einer der Orte, wo die Mitarbeiter*innen von Memorial, die Russland verlassen mussten, Zuflucht gefunden haben. Vier Archivare aus Moskau, zwei aus Perm und zwei aus Sankt Petersburg konnten hier ihre Arbeit fortsetzen, die durch die staatliche Repression und den Krieg unterbrochen worden war. Die Nähe zu den Mitarbeiter*innen der Forschungsstelle, mitsamt dem Archiv und der Bibliothek, der Kontakt zu anderen Wissenschaftler*innen aus Ländern des postsowjetischen Raums und der beruhigende Rhythmus der Stadt wirkten belebend auf viele, die in dieser seltsamen Zeit hierher kamen.
Hier gelang es dem Archivteam, die Arbeit fast wie gewohnt fortzusetzen und an der Digitalisierung des Memorial-Archivs weiterzuarbeiten. Dazu gehören die Koordination der Digitalisierung der Dokumente, die in Moskau durchgeführt wird, die Zusammenführung verschiedener digitaler Sammlungen und die Erstellung eines Index. Dieses „Karteikartenverfassen“ (d.h. die Beschreibung des Schicksals repressierter Personen) beschrieb Arseni Roginski, einer der Gründer von Memorial und dessen Leiter in den 1990-2010er Jahren, als Essenz der historischen Arbeit von Memorial. Nun wird diese Arbeit, bereichert durch die Erfahrungen der Bremer Kolleg*innen, in der Forschungsstelle fortgesetzt.
Am 10. Dezember 2022 wurde der Friedensnobelpreis an die drei Preisträger in Oslo verliehen. In seiner Rede betonte der Vorsitzende des Vorstands von Memorial Jan Ratschinski die Bedeutung jedes Individuums und die Rechte jedes Menschen auf Verstehen und Aufarbeitung der Vergangenheit einschließlich des totalitären Erbes, das die drei Länder teilen.
Ich würde gerne glauben, dass die Erinnerungsarbeit an den begangenen Verbrechen und Fehlern Sinn und Wissen hervorbringen, auf deren Grundlage Grenzen und politische Lager überwunden werden können, wenn der Krieg vorbei ist.
Nikita Lomakin
Dr. Nikita Lomakin ist Leiter des Archivteams von Memorial International und Gastwissenschaftler an der Forschungsstelle Osteuropa.
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