CfA: „Challenges of Data Collection, Re-use, and Analysis: Public Opinion, Political Debates, and Protests in the Context of the Russo-Ukrainian War"
The Research Centre for East European Studies (FSO), Bremen, 25-27.08.2025
Buchvorstellung/Gespräch
19:00 Uhr, Theater Bremen, Foyer Großes Haus
"White But Not Quite": Gibt es antiosteuropäischen Rassismus?
mit Autor Ivan Kalmar
Einführung: Klaas Anders, Moderation: Anke Hilbrenner
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Muriel Nägler
Einführung für Studierende
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Agata Zysiak (Vienna/Lodz)
The Socialist Citizenship. Social Rights and Class in Postwar Poland
Buchvorstellung und Gespräch
18:00 Uhr, Europapunkt
Ein Russland nach Putin?
mit Jens Siegert und Susanne Schattenberg
CfP: Coming to the Surface or Going Underground? Art Practices, Actors, and Lifestyles in the Soviet Union of the 1950s-1970s
The Research Centre for East European Studies (FSO), Bremen, November 13-14, 2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Hera Shokohi (Bonn)
Genozid und Totalitarismus. Die Sprache der Erinnerung an die Opfer des Stalinismus in der Ukraine und Kasachstan
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3 0330 / Zoom
Sheila Fitzpatrick (Melbourne)
Lost Souls. Soviet Displaced Persons and the Birth of the Cold War
Wissenswertes
„Der Panzer zielt auf Franz Kafka“
Zum 60. Jubiläum der Kafka-Konferenz in Liblice
Samizdatausgabe „Svět France Kafky“ des Literaturhistorikers und Schriftstellers František Kautman. Archiv Forschungsstelle Osteuropa, Foto: Ivana Došlíková.
Aus heutiger Sicht mag es schwerfallen, Franz Kafka nicht mit Prag zu assoziieren, doch der Weg Kafkas in das tschechische Bewusstsein war lang und strapaziös. Kafkas mehrdeutig interpretierbare Allegorien und ihre Helden, die machtlos im Geflecht von absurden Geschehnissen verfangen sind, entsprachen keinesfalls der offiziellen Kulturpolitik der Tschechoslowakei, die seit dem Februarumsturz von 1948 das tschechoslowakische Kulturleben bestimmte. Während Kafkas groteske Geschichten im Westen Erfolge feierten und zum fundamentalen Teil der existenzialistischen Lektüre erklärt wurden, waren sie in seinem Heimatland als Produkt bourgeoiser Dekadenz verpönt. Erst das politische Tauwetter der 60er Jahre brachte eine deutliche Veränderung der Rezeption Kafkas mit sich. Ihren Höhepunkt fand sie am 27. und 28. Mai 1963 in der mythenumwobenen internationalen Kafka-Konferenz auf dem Schloss Liblice nahe Prag.
Die Konferenz anlässlich Franz Kafkas bevorstehenden 80. Geburtstages ging dabei nicht nur als ein literaturwissenschaftliches Ereignis in die Geschichte ein, sondern war darüber hinaus auch ein Meilenstein des Demokratisierungsprozesses in der kommunistischen Tschechoslowakei. Marxistische Intellektuelle aus der Tschechoslowakei, der DDR, Österreich, Ungarn, Jugoslawien, Polen und Frankreich wurden nach Liblice eingeladen, um über die Deutung der verfemten Texte zu diskutieren und sie unter den Bedingungen der sozialistischen Kulturpolitik zu rehabilitieren. Die Konferenz brachte zwar keine bahnbrechenden Entdeckungen auf dem Gebiet der Kafka-Forschung zu Tage, diente aber fraglos als Katalysator für Kafkas Rückkehr ins tschechoslowakische Kulturleben und war Vorbote der Liberalisierungs- und Reformversuche des Prager Frühlings.
Die Hoffnung an eine freie, demokratische Zukunft wurde schließlich in der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 durch die Truppen des Warschauer Paktes gewaltsam niedergeschlagen. Sowohl Kafka als auch die Konferenzinitiatoren und –teilnehmerInnen gerieten kurzerhand auf die schwarze Liste, indem die Veranstaltung als der Ausgangspunkt der schleichenden Konterrevolution verdammt wurde. Viele der Beteiligten, die unterdessen als Revisionisten und Kontrarevolutionäre stigmatisiert wurden, verließen freiwillig oder zwangsweise das Land, andere wurden aus ihren Positionen entfernt und starken Repressionen ausgesetzt. So auch der Literaturhistoriker und Schriftsteller František Kautman.
Als einer der Hauptinitiatoren der Konferenz wurde er 1971 aus dem Institut für tschechische Literatur der ČSAV entlassen und mit einem Publikationsverbot belegt. In Zuge dessen wendete sich Kautman wieder Kafka zu. Mit seiner interdisziplinären Analyse von Kafkas Werken, die 1972 unter dem Titel „Svět France Kafky“ (Die Welt Franz Kafkas) entstand, gelang es ihm, eine der wenigen originellen tschechischen Abhandlungen über den Autor zu schaffen. Die Studie durfte zwar keinesfalls offiziell verlegt werden, ihren Weg zum Leser fand sie aber trotzdem, indem sie im Jahre 1977 im Samizdat erschien, weiterverbreitet wurde und insbesondere in studentischen und kulturellen Kreisen große Anerkennung genoss.
Die hier präsentierte Abschrift von Kautmans Studie, die bis 1990 auf ihre offizielle Veröffentlichung warten musste, ist in der Sammlung des tschechoslowakischen Samizdat der Forschungsstelle Osteuropa aufbewahrt.
Ivana Došlíková
Lesetipps
Höhne, Steffen; Udolph, Ludger: Franz Kafka: Wirkung und Wirkungsverhinderung, Köln 2014.
Kautman, František: Osud díla Franze Kafky v českých zemích po roce 1948, in: Soudobé dějiny 2003 (vol.10) 3, S. 404-415.
Kusák, Alexej: Tanec kolem Kafky, Praha 2003.
Ivana Došlíková ist Archivarin an der Forschungsstelle Osteuropa.
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