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Bewerbungsschluss 05.01.2025
20h/Monat ab 1. April 2025; Unterstützung in Forschung und Lehre
Admin, max. 18h / Woche
zum 01.01.2025
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Kerstin Brückweh (Erkner)
Wohnen und Wohneigentum. Lässt sich aus der Geschichte der Transformation in Ostdeutschland lernen?
20.01.2025 Bewerbungsschluss
03.07.-05.07.2024, Dresden
Buchvorstellung
18:00 Uhr, OEG 3790
"The Making and Unmaking of the Ukrainian Working Class"
mit Dr. Denys Gorbach (Autor) und Prof. Dr. Jeremy Morris (Diskutant)
Wissenswertes
Kriegszustand in anderem Gewand
Zum 40. Jahrestag der formalen Aufhebung des Kriegszustands in der Volksrepublik Polen
Ausgabe der Tygodnik Mazowsze (Nr. 58) vom 28. Juli 1983. Archiv Forschungsstelle Osteuropa, Foto: Muriel Nägler.
„Praktisch alles bleibt beim Alten.“ Mit diesen scharfen Worten kommentierte der Tygodnik Mazowsze die Aufhebung des Kriegszustands in der Volksrepublik Polen am 22. Juli 1983, dem kommunistischen Nationalfeiertag. Das wichtigste Presseorgan der in den Untergrund gedrängten Gewerkschaft „Solidarność“ beschrieb ausführlich, wie das kommunistische Regime den 20 Monate zuvor verhängten Kriegszustand durch einen „Zustand der Krise“ ersetzte. Die euphemistisch als „Militärrat zur Rettung der Nation“ bezeichnete Junta hatte sich aufgelöst, aber die Generäle blieben an der Macht. Auch eine Rückkehr zu den wenigstens auf dem Papier existierenden Bürgerrechten gab es nicht. Stattdessen fanden sich zahlreiche Einschränkungen nun in der polnischen Verfassung und im Strafgesetzbuch. Angesichts dieses „Kriegszustand in anderem Gewand“ stimmte das Wochenblatt seine Leser*innen auf weitere harte Zeiten ein.
Die hier abgebildete Ausgabe des Tygodnik Mazowsze erschien nur sechs Tage nach dem formalen Ende des Kriegszustands. Für eine ausführliche Reflexion der Ereignisse reichte die Zeit kaum aus, umso mehr steht die Ausgabe sinnbildlich für den Zustand und Ausblick des Landes. Auf der ersten Seite fand sich über dem bereits genannten Bericht ein Klagebrief der Dichterin Barbara Sadowska an Papst Johannes Paul II., der im Monat zuvor sein Heimatland besucht hatte. In Gedichtform prangerte Sadowska die Gewalt und all das Leid an, das Polen anderen Polen antaten und das sie selbst erfahren hatte. Sadowska war im Mai 1983 von der Miliz zusammengeschlagen worden. Wenige Wochen später wurde ihr Sohn, der 16jährige Grzegorz Przemyk, auf einer Milizstation so schwer misshandelt, dass er an den Folgen starb. „Nicht nur unser täglich Brot“ brauche das Land, schrieb Sadowska, „sondern auch Hoffnung, Hoffnung“.
Auch die weitere Entwicklung der Opposition deutete sich in dieser Ausgabe an. Denn statt einen Aufbruch zu wagen, zog die Redaktion des Tygodnik Mazowsze Bilanz. Spöttisch konstatierte sie die schlechte Wirtschaftslage als „Erfolg des Kriegszustands“. Sie verwies auf das Schicksal der politischen Gefangenen, von denen viele nach einer Amnestie im Juli 1983 frei kamen. Und schließlich brachte die Redaktion einen Bericht über die Anfänge der Opposition im Jahr 1976 und ihren ethischen Grundlagen als Erinnerung an die Verdienste der Vergangenheit. All das zeigte, dass die „Solidarność“ im Untergrund eine abwartende Rolle eingenommen hatte. Sie kommentierte und stellte richtig, blickte aber nicht in die Zukunft.
Die Einschätzung des Tygodnik Mazowsze sollte sich bewahrheiten. Die Verfolgung von Oppositionellen endete keineswegs im Juli 1983, eher veränderten sich mit der bis Jahresende 1985 geltenden Sondergesetzgebung die Maßnahmen. Gewalt durch die Behörden blieb an der Tagesordnung, etwa als der oppositionelle Priester Jerzy Popiełuszko im Oktober 1984 durch Offiziere der Staatssicherheit ermordet wurde. Seine Beerdigung mit 800.000 Teilnehmenden wurde zum öffentlichen Fanal und erstmals sah sich die Staatsmacht gezwungen, Täter aus staatlichen Behörden vor Gericht zu stellen. Nun fand auch die „Solidarność“ den Weg zurück zu einer aktiveren Politik.
Lesetipps
Kühn, Hartmut: Das Jahrzehnt der Solidarność. Die politsche Geschichte Polens 1980–1990, Berlin 1999.
Paczkowski, Andzrej: Revolution and Counterrevolution in Poland, 1980–1989. Solidarity, martial law, and the end of communism in Europe, Rochester, NY 2015.
Dr. Gregor Feindt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz.
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