Diskussion: "1000 Tage Krieg in der Ukraine - wie weiter?"
18:00 Uhr, Europapunkt Bremen
Mattia Nelles, Eduard Klein, Oksana Chorna, Susanne Schattenberg
Film und Gespräch: Heller Weg
19:00 Uhr, Kulturwerkstatt Westend
Mit Regisseurin Iryna Riabenka, moderiert von Oksana Chorna
Kolloquiumsvortrag
18:15 Uhr, IW3, Raum 0330 / Zoom
Natalia Fedorenko (Bremen)
Coming of Age in the Urals in the Early 1960s: Ideals and Perspektives of the Middle Class. The Story of Anna Tarshis
Wissenswertes
Processes of political meaning-making and movement formation. The current Romanian protest movement and its activists‘ motives and demands
Promotionsprojekt von Nina Krienke (seit 2018), Betreuer: Heiko Pleines
Versiunea în limbă română găsiți aici
Seit 2012 befindet sich die rumänische Zivilgesellschaft im Aufbruch. Themen der Mobilisierung und Aktivist*innengruppen sind zwar divers, dennoch scheinen die Proteste durch eine grundsätzliche Frustration vieler Rumän*innen im Bezug auf die Entwicklung des Landes in den letzten Jahren miteinander verbunden zu sein. Historische Referenzen sind in den Protesten und im politischen Diskurs Rumäniens seit 2012 allgegenwärtig, vor allem mit Bezug auf die Ereignisse der Jahre 1989-92. Im Laufe der aktuellen Proteste hat sich die Stimme der Zivilgesellschaft als Teil des öffentlichen Diskurses etabliert, was für die rumänische Öffentlchkeit eine große Veränderung bedeutet. Aufgrund des öffentlichen Drucks mussten zwei Regierungen zurücktreten, das umstrittene Goldabbauprojekt in Roşia Montană wurde gestoppt und die vorher gängige Praxis der Umschiffung parlamentarischer Abstimmung durch Regierungsdekrete ernsthaft in Frage gestellt.
Im Rahmen des Projektes soll diese Fülle an Ereignissen im Hinblick auf folgende Fragestellung erforscht werden:
In welcher Weise begreifen Aktivist*innen der aktuellen rumänischen Protestbewegung ihr eigenes politisches Umfeld?
Es soll untersucht werden, wie rumänische Aktivist*innen ihren politischen Unmut erklären, wo ihre Motivation zu politischer Aktion herkommt und welches ihre politischen Forderungen und Zukunftsvisionen sind. Das Projekt soll Einblicke in die Entstehung politischen bzw. zivilgesellschaftlichen Bewusstseins in einer bis 2012 von politischer Apathie geprägten Umgebung geben.
Der methodologische Ansatz des Projektes ist interpretativ. Dieser Ansatz erkennt an, dass Bedeutung nicht durch die bloße Existenz der Dinge entsteht, sondern von handelnden Personen innerhalb sozialer Kontexte hergestellt wird. Methodisch gibt dieser Ansatz einen iterativen Forschungsprozess und einen abduktiven Weg des Erkenntnisgewinns vor.
Ich möchte auch auf methodologischer Ebene einen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion leisten. Konkret geht es hierbei um die Weiterentwicklung politikwissenschaftlicher Ansätze im Feld der Social Movement Studies, die häufig mehr oder weniger bewusst durch Pfadabhängigkeiten aus dem Studium großer, institutionalisierter Organisationen des „Westens“ bestimmt sind. Gerade im Bezug auf den postsozialistischen Raum beachten solche Ansätze die Kontexte und Dynamiken der weiterhin fortschreitenden politischen Formierung von (Zivil-)Gesellschaften, sowie die Handlungseigenschaften der beiteiligten Personen und Gruppen häufig nur unzureichend. Ich möchte einen methodologischen Ansatz testen, der Theorien der politischen Differenz – und den aus diesen mit Bezug auf Protestbewegungen folgenden Fokus auf Politisierungsprozesse – mit ethnographischen Methoden und Methodologien verbindet. Hieraus ergibt sich eine zweite Frage für das Forschungsprojekt:
Wie können Protestbewegungen in Zeiten politischen Wandels kontext- positionalitäts- und bedeutungssensibel erforscht werden?
Gemeinsam mit dem Dokumentarfilmer Sergiu Zorger, und in Zukunft auch in Zusammenarbeit mit aktivistischen Gruppen in Rumänien, entwickle ich derzeit eine interaktive Online-Chronik über und für die aktuelle(n) rumänische(n) Protestbewegung(en). Diese wird zunächst eine kollaborative Sammlung und Bereitstellung von Materialien zu den sich ausweitenden öffentlichen Protestaktivitäten in Rumänien (und über die Landesgrenzen hinaus!) der letzten Jahre beinhalten. Mit einer kleinen Auswahl aktivistischer Gruppen möchten wir außerdem eine Visualisierung ihrer Entwicklung während und ihres Blickes auf die Ereignisse entwickeln. Begleitend wollen wir eine kurze Videoserie produzieren, in der Themen aus der Materialsammlung und der Zusammenarbeit an der Website aufgegriffen und Aktivist*innen und Expert*innen zu Wort kommen.
Den Aufbau der Web-Plattform werde ich mit wissenschaftlichen Artikeln begleiten, die sowohl Aspekte der Methodologie und Methodik als auch empirische Erkenntnisse aus dem Projekt aufgreifen. Mit meiner hieraus zusammengesetzten Dissertation, aber sicherlich auch in weiterführenden Forschungstätigkeiten, hoffe ich die Literatur zur Formierung sozialer Bewegungen im postsozialistischen Raum bereichern zu können.
Perspektivisch möchte ich mit meiner Arbeit zur dekolonialen, ontologisch reflektierten Theoriebildung im Bereich der Social Movement Studies und der Erforschung politischen Lernens beitragen, indem ich die Wichtigkeit individueller und kollektiver Bedeutungsgebung sowie von historischen und strukturellen Kontexten für die reale Entwicklung politischer Lebenswelten veranschauliche.
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